Der lateinische Begriff „adventiv“ (dt. dazukommend) bedeutet bei Pflanzen, dass sich an ungewöhnlichen nicht im Bauplan vorgesehenen Stellen von Stängeln, Wurzeln, Stämmen und Blättern Zusatzsprosse aus neu gebildeten, adventiven Augen (Knospen) bilden können. Im Gegensatz zu den standardmäßig üblichen Axillarknospen (Achselknospen) waren sie vorher nicht bereits angelegt. Normalerweise bedarf es mechanischer Ursachen wie Verletzungen des Gewebes, Erfrierungen oder Schnittwunden, um die Bildung von Adventivknospen im noch unversehrten Gewebe zu stimulieren. Manche Baumarten bilden nach Kahlschlägen neue Sprosse aus der Wurzelbrut (Schlehe, Weiden), andere treiben am Baumstumpf als Stockausschläge neu aus (Hasel). Früher trieben nach einem strengen Winter auf diese Art viele Rebstöcke wieder neu aus dem Wurzelteller aus, obwohl die oberirdischen Teile erfroren waren. Dies konnte vor der Reblausinvasion ja auch problemlos zugelassen werden. Beim Rebstock bilden sich aus solchen adventiven Knospen, die auch „schlafende Augen“ genannt werden, am alten Holz die so genannten Wasserschosse. Siehe eine Aufstellung rebstockrelevanter Stichwörter unter Weinrebe.
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Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach