In der Regel wird darunter eine alkoholische Gärung (abgeleitet vom mittelhochdeutschen jären = aufkochen, schäumen) verstanden, bei der Zucker in Ethanol und Kohlendioxid ungewandelt wird. Bei diesem Prozess erfolgt der mikrobielle Abbau organischer Stoffe ohne Einbeziehung von Sauerstoff (anaerob). Ein Abbau organischer Stoffe kann aber grundsätzlich auch mit Einbeziehung von Sauerstoff (aerob) stattfinden. Bei der Essigsäuregärung wird Sauerstoff verbraucht, deshalb ist diese im naturwissenschaftlichen Sinn genau genommen keine Gärung.
Der Begriff Fermentation hingegen ist im Deutschen ein Überbegriff für aerobe und anaerobe Vorgänge. In anderen Sprachen wird aber „fermentation“ für die alkoholische Gärung verwendet bzw. gibt es dafür keinen eigenen Begriff.
Der Vorgang wurde lange für einen natürlichen Zerfall gehalten. Der Einfluss von Luft (obwohl der Sauerstoff bereits bekannt war) wurde nicht beachtet. Aus diesem Grund wurden die Vorgänge bei der Umwandlung von Most in Wein, von Würze in Bier und von Wein in Essig als Gärung bezeichnet. Die Beteiligung von bis dahin unbekannten Mikroorganismen wurde vom französischen Chemiker Louis Pasteur (1822-1895) im Jahre 1857 erkannt.
Gärung entsteht überall dort spontan ohne menschliches Zutun, wo bei einer optimalen Temperatur zwischen 18 und 27 °C Hefepilze mit wässrigen Zuckerlösungen in Kontakt kommen. Solche Pilze existieren im Weinberg und auch im Weinkeller, deshalb spricht man von weinbergs- und kellereigenen Hefen. Viele Produzenten lassen dies bewusst ohne Zugabe von Reinzuchthefen zu. In der Regel erfolgt ein automatischer Gärstart beim Traubenmost oder anderen Fruchtsäften, aber es können auch andere in Wasser aufgelöste Stoffe, wie zum Beispiel Getreide (Gerste, Weizen, Mais, Reis) bei der Herstellung von Bier oder sonstige zuckerhältige Stoffe wie Kartoffeln oder auch Brot sein.
Im Bild links werden oben offene Rotwein-Edelstahltanks für eine Maischegärung, im Bild mitte Holzgärständer für eine Maischegärung und im Bild rechts Weißwein-Edelstahltanks gezeigt (Weingut Gerhard Markowitsch, Carnuntum NÖ).
Die Hefen spielen bei der Gärung eine entscheidende Rolle. Nach dem Pressen vermehren sie sich im Traubenmost rasend schnell durch Sprossung und Teilung. Gegen Ende sind pro Liter Wein 50 bis 200 Milliarden Hefezellen enthalten. Die biochemischen Vorgänge werden durch in den Hefen enthaltene Enzyme gesteuert; für die Gärung ist der Zymase-Komplex verantwortlich. Natur- bzw. Wildhefen sind in großem Umfang im Weingarten und auch anderswo (Luft) vorhanden und gelangen mit den Trauben in den Keller. Durch diese kann die Gärung auch selbstständig ausgelöst werden, was früher prinzipielle üblich war. Diese Spontangärung ist jedoch schwerer kontrollierbar, wird aber besonders im Zusammenhang mit Biologischem Weinbau bei Bioweinen sowie bei Natural Wines bevorzugt.
Eine Reinzuchtgärung wird mittels Reinzuchthefen (Kulturhefen) eingeleitet. Diese garantieren einen schnellen Gärstart. Gegebenenfalls wird dies durch Starterkulturen (auch Gärstarter) unterstützt. Die weltweit wichtigste am Anfang beteiligte Hefeart ist Saccharomyces cerevisiae. Die alkoholempfindlichen Hefesorten sterben bei der Gärung schnell ab, bei Naturhefen ab etwa 14% vol. Es überleben nur die alkoholresistenten (Zuchthefen), bis auch sie bei 16 bis 18% vol. Alkoholgehalt die Arbeit einstellen. In der Spirituosen-Herstellung werden „Turbohefen“ eingesetzt, die sogar bis 20% vol. lebensfähig sind. Die Zucker-Umwandlung ist ein durch den Hefekomplex Zymase verursachter, mehrstufiger Prozess. Eine spezielle Hefeart ist Flor, das sich bei der Produktion bestimmter Sherry-Typen bildet.
Wie schon erwähnt erfolgt die Gärung in anaerober Umgebung in Abwesenheit von...
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Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.
Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen