Im Mittelalter wurde Weinstein als Heilmittel für viele Krankheiten eingesetzt, wofür er aber zuerst gereinit, das heißt zuerst der weinsaure Kalk entzogen musste. Der rohe Weinstein (Tartarus crudus) wurde zehnmal in Wasser gekocht und dadurch der reine Weinstein (Tartarus depuratus) ausgelöst. Danach wurde die Lösung filtriert und der Weinstein in der Kälte wieder auskristallisiert. Dieser Weinstein ist weiß, geruchlos, schmeckt schwach sauer, ist in Wasser schwer und in Alkohol praktisch nicht löslich. Es existierte eine Lehre namens „Tartarologie“ innerhalb der Alchemie und Spagyrik (Herstellung von Arzneimitteln), die sich mit Gewinnung, Aufbereitung und Anwendung des Weinsteins beschäftigte. Tartarus depuratus wurde zur Behandlung chronischer Hautleiden, als Ableitungsmittel über Niere, Leber und Darm und vor allem zur Behandlung bei Steinbildungen in den ausscheidenden Organen verwendet. Durch Zusatz von Antimon wurde er zu Brechweinstein (Tartarus stibiatus), ein wichtiges Mittel bei chronischen Krankheiten vor allem bei Lungenleiden wie Asthma oder chronischer Bronchitis, bei Wassersucht, Herzinsuffizienz, Gastritis, Geschwüre von Haut und Schleimhaut sowie bei Brechdurchfall. In der Naturheilkunde werden auch heute noch verschiedene Weinsteinprodukte eingesetzt. Siehe auch unter Gesundheit.
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Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach