Größere Weinflaschen mit Volumina über der Standardgröße mit 0,75 Liter bzw. zumeist einem Vielfachen davon; eine komplette Aufstellung siehe unter Flaschen.
Verschiedene Behälter aus Glas für Wein, Bier und andere Flüssigkeiten wurden im alten Ägypten bereits 1.500 vor Christi hergestellt. Aber erst durch die Erfindung der Glasmacherpfeife (und damit Glasbläserei) im 2. Jahrhundert vor Christi durch die Phöniker im Gebiet von Syrien konnten die Römer ab Anfang unserer Zeitrechnung in größerem Umfang auch Glasflaschen herstellen. Die älteste Weinflasche der Welt ist in einem Museum in Speyer (Rheinland-Pfalz) ausgestellt. Sie wurde in einem römischen Grab gefunden und stammt aus dem 4. Jahrhundert nach Christi. Für Transport und Lagerung wurden aber bis zum 17. Jahrhundert auf Grund der Zerbrechlichkeit des Glases weiterhin vorwiegend Gefäße aus Ton oder Steingut und Holzfässer verwendet. Wein wurde außerdem damals nicht in kleinen Gebinden, sondern fast ausschließlich in großen Behältern (hauptsächlich Holzfässern aufbewahrt bzw. vermarktet.
Bild links = verschiedene Formen von Wein-, Champagner- und Spirituosen-Flaschen im Zeitraum 1750 bis zum frühen 20. Jahrhundert. Bilder mitte und rechts = Pferdefuss- oder Zwiebelflasche (Schlegelflasche).
Die halbe Welt wurde damals vom Königreich Großbritannien beherrscht. Viele englische Unternehmen hatten Landbesitzungen in Portugal (wo sie die Portweinindustrie begründeten), in Spanien (wo dasselbe für den Sherry gilt), in Sizilien (wo auch von einem Engländer der Marsala erfunden wurde) sowie im Bordeaux mit jeweils regem Weinhandel mit dem Mutterland. In Übersee galt dies in der Karibik, in diesem Fall mit Spirituosen wie Gin oder Rum. Deshalb ist es kein Zufall, dass die Flasche für Wein bzw. Alkoholika in England „erfunden“ und die Produktion perfektioniert wurde.
Der englische Diplomat Sir Kenelm Digby (1603-1665) entwickelte 1652 eine verbesserte Technik für die Herstellung, kümmerte sich aber nicht um eine Patentierung. Den Ruhm für die Erfindung von Flaschen erntete dann John Colnett, der 1661 ein Patent anmeldete. Sie besaßen einen kugelförmigen Körper mit langem Hals und entwickelten sich langsam bis Anfang des 18. Jahrhunderts zu zwiebelförmigen, kurzhalsigen als „mallet“ (Schlegel) oder als „Pferdefuß“ bezeichneten Gefäßen (Bild oben mitte und rechts). Die olivgrünen Flaschen (17 cm Höhe, 14 cm Durchmesser) wurden etwa 1710 bis 1750 in Nordeutschland für den holländischen Markt aus Waldglas (Pottascheglas) hergestellt.
Zu dieser Zeit war auch die Verwendung von Korken als Verschluss bereits weit verbreitet. Die Flaschen waren mit einem ganz oben am Hals befindlichen Wulst versehen, der als Sicherung für die mit Schnüren befestigten Stöpsel diente. Auf dem Flaschenkörper wurde auch oft ein Glassiegel aufgeschmolzen, auf dem auch das Nennvolumen, aber keine Inhaltsangabe enthalten war. Dies bot einen gewissen Schutz gegen Schankbetrug durch zu kleine Flaschen.
Nach dem Aufkommen der Glasflaschen in der Mitte des 17. Jahrhunderts war es lange Zeit aus gutem Grund verboten, Wein flaschenweise zu verkaufen. Durch die unterschiedlichen Größen der Flaschen wären damit Betrügereien Tür und Tor geöffnet gewesen. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts setzte sich statt der bauchigen Kugelform (siehe oben die Bilder mitte und rechts) die heute übliche Walzenform (siehe Bild links) durch, weil sich diese weit besser zum Stapeln der Flaschen eignete. Der erste Produzent von Flaschen in dieser Form war Ricketts in der englischen Stadt Bristol, wobei die Firma dafür ein Patent besaß. Damals kamen auch die ersten Etiketten in heutiger Form in Gebrauch.
Trotz der industriellen Anfertigung von Glasflaschen war die Vermarktung in Flaschen bis weit in das 20. Jahrhundert eher die Ausnahme und erfolgte hauptsächlich nur für bessere Qualitäten. Zum Großteil wurde Wein neben dem oben genannten Grund auch aus praktischer Hinsicht wegen des einfacheren Transportes in Fässern vermarktet. In vielen Ländern setzte sich die generelle Flaschenabfüllung erst nach dem zweiten Weltkrieg durch.
Viele Länder, Weinbaugebiete und auch Produzenten haben spezifische Flaschenformen, Größen und Farben kreiert, um aus Marketinggründen eine unverwechselbare Identität zu schaffen. Im deutschen Anbaugebiet Sachsen ist die kegelförmige Sachsenkeule, im Anbaugebiet Rheingau die schlanke, braune Schlegelflasche und im Anbaugebiet Mosel dieselbe in grüner Farbe üblich. Die Schlegelflasche (auch Hochflasche) wird in Österreich, Deutschland, in der Schweiz und im französischen Bereich Elsass für Weißweine am häufigsten verwendet. Dunkle Flaschenfarben schützen vor dem UV-Licht, wodurch der Weinfehler Käseln (Lichtgeschmack) verursacht wird.
Durch die im Jahre 2009 wirksam gewordene neue EU-Weinmarktordnung ergaben sich auch Änderungen bezüglich der Weinbehältnisse. Früher durften Qualitätsweine nur in Glasflaschen, Holzfässern oder Keramikgefäßen an den Verbraucher abgegeben werden. Um die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittländern zu erhöhen, wurde diese für die EU-Länder nachteilige Bestimmung ersatzlos gestrichen. Auch Qualitätswein (g.U.) darf daher nunmehr unbeschränkt in verschiedenste Behältnisse wie zum Beispiel auch in Bag-in-Boxes oder Tetra Pak abgefüllt werden. Ein neuer Trend mit Nachhaltigkeitsgedanken ist, Wein auch in Mehrweg-Bierflaschen mit Kronkorken abzufüllen.
Gemäß EU-Verordnung war es Pflicht, auf Schaumweinflaschen eine Schutzfolie aus zumeist Stanniol (Aluminium) über Korken, Kapsel, Agraffe und Flaschenhals anzubringen. Dies ist seit Dezember 2023 nicht mehr erforderlich. Damit werden die Umweltbelastungen durch der in der Begründung als „unnötiger Verpackungsmüll“ bezeichneten Folie vermieden. De Sloovere-Pienne stellte als erster Erzeuger neue Flaschen mit nur einem Papierstreifen vor. Immer mehr Produzenten verzichten auch bei Stillweinen auf Kapseln, um unnötige Verpackung und Gewicht...
Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.
Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien