In der Regel sind kultivierte Weinreben einhäusig (männliche und weibliche Blüten auf derselben Pflanze), die Wildreben hingegen zweihäusig (getrennt auf verschiedenen Pflanzen). Die kultivierte einhäusige Rebe besitzt Zwitterblüten (Hermaphroditen), das heißt, es sind das männliche und das weibliche Sexualorgan in einer Blüte vereinigt. Die rein weiblichen Wildreben haben eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Rebsorten gespielt. Sie waren auf eine Fremdbefruchtung angewiesen und bestenfalls wurden sie durch eine andere Rebsorte befruchtet, was Inzuchtprobleme ausschloss. Bei Auskeimen eines Traubenerns zu einem Sämling ist dann durch diese natürliche Kreuzung eine neue Rebsorte entstanden. Bei einer Selbstung (Selbstbefruchtung) resultieren durch negative Inzuchteffekte großteils eher mindere Nachkommen. Die Natur hat sich davor sozusagen durch die Zweihäusigkeit oder Selbststerilität geschützt. Denn eine Befruchtung mit fremden Genen führt zu positiven Heterosis-Effekten (Veränderungen gegenüber den Eltern) in der Nachkommenschaft.
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Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach