Bezüglich Qualiätspyramide und Weinbezeichnungen siehe unter Qualitätssystem.
Die letzte Entscheidung über die Qualität eines Weines erfolgt durch den Konsumenten und ist trotz aller wissenschaftlich fundierten Analysemethoden eine Mischung aus nicht rein objektiven, sondern zum großen Teil subjektiven Eindrücken. Ob ein Wein „schmeckt“, hängt auch von physiologisch bedingten Vorlieben oder Abneigungen (jemand mag keinen Rotwein, weil er vielleicht einmal schlechte Erfahrungen auf Grund hoher Histaminwerte gemacht hat), dem kulturellen Hintergrund des Konsumenten und den persönlichen Erfahrungen ab. Erfahrungen sind zwar streng betrachtet subjektiv, aber andererseits ein objektives Kriterium (bei säurebetonten Weinen bekommt jemand Sodbrennen, womit so ein Wein schlechte Qualität besitzt).
Der Chemiker beschreibt durch objektive Analysen, wie der Wein beschaffen ist, der Konsument bzw. Weinkritiker beschreibt subjektiv, wie er schmeckt. Das Erstere bringt bei Wiederholung dasselbe Ergebnis, bei Zweiterem ist das nicht gesichert. Letztlich muss der Ausspruch akzeptiert werden: De gustibus non est disputandum (Über Geschmack kann man nicht streiten). Eine qualitative Weinbewertung in Form einer Benotung und textlicher Beschreibung wird durch professionelle Verkostungen ermittelt. Es gibt bereits Versuche, die „schmeckbare“ Qualität mittels Glykosyl-Glukose Assay festzustellen.
Die Weinqualität wird durch Herkunft (Ursprung), Methoden der Weingartenpflege (Weinberg), sowie Art der Weinbereitung (Keller) beeinflusst. Die Gepflogenheit, Weine in Qualitätsklassen einzuteilen, gab es schon in der Antike, wobei bei der Beurteilung der Ursprung der Trauben seit je her eine große Rolle gespielt hat. Ab den 1970er-Jahren wurde in vielen Ländern ein herkunftsbasierendes System eingeführt. In den 1990er-Jahren wurde durch die EU ein mehrstufiges Qualitätssystem mit den Stufen Tischwein (siehe aber dort), Tafelwein, Landwein und Qualitätswein (bzw. QbA = Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete) etabliert, das bis Juli 2009 gültig war. In einzelnen Ländern gab es dabei auch Zwischenstufen oder Sonderbezeichnungen wie zum Beispiel in Deutschland und Österreich den Prädikatswein. In den EU-Staaten und zum Teil auch in der Neuen Welt ist noch immer ein zumeist mehrstufiges Qualitätsweinschema mit verschiedenen Bezeichnungen gültig.
August 2009 trat eine umfangreich adaptierte EU-Weinmarktordnung mit gravierenden Änderungen bei den Qualitätsstufen und Bezeichnungen in Kraft. Dabei wurde das Herkunftsschutzsystem des gemeinschaftlichen Lebensmittelrechts auch für den Wein übernommen und dem Kriterium Herkunft (Ursprung) große Bedeutung gegeben. Bei der neuen Systematik wird nun in „Wein ohne geografische Angabe“ und in „Wein mit geografischer Angabe“ unterschieden. Somit wurde die nach Vorbild der französischen Appellationssystems bestehende Qualitätsphilosophie des „romanischen Weinrechts“ übernommen, die bei Wein, aber auch bei Lebensmitteln und Agrarerzeugnissen seit jeher auf der Herkunft basiert. Dadurch sollen die in vielen Ländern zum Teil nach Beliebigkeit staatlich festgelegten und zum Teil zueinander inkompatiblen Qualitätshierarchien ersetzt, die neuen Stufen mit eindeutigen Profilen verbunden und für den Konsumenten verständlich gemacht werden.
Gemäß einer Übergangsfrist durften Weine, welche nach „alter Regelung“ vor dem 31. Dezember 2010 vermarktet wurden, bis zur Erschöpfung der Bestände weiterhin vermarktet werden. Die Mitgliedstaaten waren jedoch verpflichtet, bis Ende 2011 die technischen Spezifikationen für alle zu schützenden Herkunftsnamen an die Kommission zu übermitteln, da sonst der internationale Schutz für eine solche Herkunft verfallen wäre. Die neuen Bezeichnungen:
Eine Besonderheit ist die mögliche Verarbeitung von Trauben eines EU-Mitgliedsstaates in einem anderen EU-Mitgliedsstaat. Zum Beispiel „Wein gewonnen in Österreich aus in Italien geernteten Trauben“. Weine aus Drittländern werden mit Angabe...
Ich habe großen Respekt vor dem Umfang und der Qualität des wein.plus-Lexikons. Es handelt es sich um eine einzigartige Anlaufstelle für knackige, fundierte Informationen zu Begriffen aus der Welt des Weines.
Dr. Edgar Müller
Dozent, Önologe und Weinbauberater, Bad Kreuznach